Kaum ein anderes Wort löst so viel Euphorie in der Beautybranche aus wie Hyaluronsäure. Ob in Cremes, Seren, Beautyanwendungen oder als Mittel zur Faltenunterspritzung.
Die wässrig-visköse körpereigene Substanz soll Feuchtigkeit schenken und Fältchen verschwinden lassen beziehungsweise mildern. Was aber ist dran an allen Mythen rund um Hyaluron? Wir haben Jan Johannes Sandmann von der Altstadt-Praxis in Düsseldorf gefragt.
Was bringen Cremes mit Hyaluronsäure?
Hyaluronsäure in kosmetischen Produkten wirkt an der Oberfläche und nicht in den tieferen Hautschichten. Aber genau dort entstehen die tiefen Falten. Was Hyaluronsäure aber oberflächlich kann, ist die obersten Hautschichten mit Feuchtigkeit zu versorgen und beispielsweise Knitterfältchen, die oft durch Trockenheit entstehen, zu mildern und für den Tag einen guten Effekt und ein gutes, gepflegtes Gefühl zu geben.
Was macht Hyaluron Creme im Gesicht?
Temporär wird auf der Hautoberfläche Feuchtigkeit gebunden. Make-up hält beispielsweise besser auf gut gepflegter und durchfeuchteter Haut und natürlich strahlt Haut auch mehr nach einem ordentlichen äußerlichen Feuchtigkeitsboost. Einen nachhaltigen Langzeiteffekt darf man sich aber durch Cremes oder Seren nicht erhoffen – oder auch anders herum: Pflegeprodukte können nicht das, was injizierte Hyaluronsäure kann, denn sie durchdringen weder die Hautbarriere noch erreichen sie das Bindegewebe. Injizierte Hyaluronsäure tut aber genau das.
Was genau ist Hyaluornsäure?
Hyaluronsäure ist ein natürlich im Körper (und zwar in fast jeder Zelle) vorkommender Mehrfachzucker, der sich dadurch auszeichnet, wasserbindend sowie wundheilungsfördernd zu sein und viskoelastische Eigenschaften zu besitzen. Chemisch betrachtet ist Hyaluronsäure eine Kette von Polysacchariden – also Zuckerverbindungen –, die das Vielfache ihres eigenen Gewichts an Feuchtigkeit speichern kann.
Die Wirkung von Hyaluronsäure
Sie unter anderem in Gelenken dafür, dass sie gut „geschmiert“ sind, oder auch in der Haut, dass sie voluminös und gut durchfeuchtet ist. Übrigens: Etwa die Hälfte der gesamten, im menschlichen Organismus vorhandenen Hyaluronsäure befindet sich in der Haut. Je älter wir werden, desto geringer wird jedoch der Anteil an Hyaluronsäure im Körper. Sie schwindet also mit den Jahren, deshalb bekommen viele ältere Menschen Gelenkprobleme und auch das Volumen beispielsweise im Gesicht wird weniger (auch durch den zusätzlichen Abbau von Kollagen), die Haut wird trockener und ist weniger elastisch.
Warum? Hyaluronsäure ist ein körpereigener Stoff, der verstoffwechselt wird – sprich, sie baut sich selber in ihre Bestandteile ab: Wasser und Kohlendioxid. Das passiert übrigens auch mit injizierter Hyaluronsäure – nur nicht so schnell, da sie zumindest für Faltenunterspritzungen durch sogenannte Crosslinker stabiler gemacht wurde und dadurch gelartiger wird. Man spricht dann von vernetzter Hyaluronsäure.
Ist Hyaluron gut gegen Falten?
Würden keine Crosslinker eingesetzt werden, wäre die injizierte Hyaluronsäure in wenigen Tagen oder Wochen komplett abgebaut oder zumindest nicht mehr da, wo man sie haben möchte. Vernetzt heißt auch, dass man die Hyaluronsäure quasi „festkettet“, damit sie an Ort und Stelle verbleibt, dort Wasser anlagert und für eine gewisse Zeit Volumen aufbaut. Übrigens sind Produkte mit Hyaluron bereits seit den 1980er Jahren auf dem Markt. Damals stammte die verwendete Hyaluronsäure noch ausschließlich aus tierischen Quellen. Seit Ende der 1990er Jahre gibt es Hyaluronsäure, die fermentativ aus Bakterien gewonnen wird.
Wie lange hält eine Hyaluron Spritze?
Eines ist ganz wichtig zu wissen: Einmal injizierte Hyaluronsäure erzeugt ein Ergebnis, das bleibt. Zumindest teilweise. Sie regt auch kollagene Fasern an und stimuliert das Gewebewachstum, was zu einer dauerhaften ästhetischen Verbesserung der Haut führt. Also wird nach einer Behandlung mit Hyaluron immer etwas im Gesicht verändert.
Wie oft muss man Hyaluron spritzen?
Deshalb macht es keinen Sinn, alle sechs Monate an derselben Stelle zu injizieren. Man muss das Gesicht als Gesamtwerk sehen und peu à peu hier und da etwas unterspritzen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Das injizierte Hyaluron sorgt auch dafür, dass nach und nach mehr Feuchtigkeit im Gewebe gebunden wird – und man möchte ja nicht noch jugendlicher oder fülliger im Gesicht aussehen, als man natürlicherweise in seiner eigenen Jugend aussah.
Welche Hyaluronsäure hilft wirklich?
Nein! Auf keinen Fall – das wäre auch völlig kontraproduktiv. Reine Hyaluronsäure, also unvernetzte, macht nur eines: Sie durchfeuchtet die Haut. Zwar sehr schnell, aber auch nur sehr kurzfristig. Denn die unvernetzte Hyaluronsäure wird vom Körper fix wieder verstoffwechselt. Das, was zur Faltenunterspritzung verwendet wird, ist sozusagen ein „Cocktail“. Darin enthalten ist zum größten Teil Wasser. Nur ein kleiner Teil ist dabei reine Hyaluronsäure, hinzu kommen sogenannte Crosslinker. Also Stoffe, die die Hyaluronsäure wie an eine Kette legen, sie dabei stabiler machen und ihren natürlichen Abbau bremsen. Mittels Vernetzung werden die einzelnen Hyaluronsäureketten durch eine gewollte chemische Reaktion miteinander verbunden, sodass die Hyaluronsäure zu einem wasserunlöslichen Gel wird und somit ihre Eigenschaften verändert. Durch die festere Konsistenz kann die injizierte Hyaluronsäure also perfekt zum Auffüllen von verlorenem Volumen oder Falten benutzt werden. Je vernetzter, desto kompakter und langlebiger ist die Hyaluronsäure.
Text: Dagmar Lühn/mabelle