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Zen im Benediktushof

Zen ist alles andere als Wellness – das habe ich gleich nach den ersten Minuten im Benediktushof erlebt. Strenge Disziplin, körperliche Anstrengung – ja Meditation ist alles andere als easy. So zumindest meine Zen-Erfahrung.

Für die nächsten zwei Tage klingelt der Wecker um 5.15 Uhr. Kinhin ist angesagt, Meditation im Gehen. Dabei läuft man mit allen Teilnehmern schweigend und im Uhrzeugersinn im Kreis herum. Fragen Sie sich, was das bringen soll? Ich mich auch. Schnell aber klärt der Zen-Meister auf: Es gehe um überhaupt nichts, nur um das Gehen selbst, ja man müsse sich voll und ganz und vor allem bewusst auf das Gehen konzentrieren, das wäre es schon. Alles easy? Nö. Denn Kinhin ist nicht einfach nur entspanntes Spazieren, sondern letztlich stundenlanges strammes Gehen – auf den Tag verteilt legen wir so sicher zehn Kilometer zurück und obwohl ich trainiert bin, tun mir schon bald die Beine weh. Überhaupt, diese Schmerzen.

Sie kommen auch und insbesondere beim Sitzen. Man sitzt noch länger als man geht und zwar im Schneidersitz, besser noch: Lotussitz. Man schweigt und woran soll man denken? An nichts. Easy? Sowas von nö. Zwischen dem Aufstehen und dem Frühstück liegen knapp drei Stunden und so verwundert es nicht, dass gleich am ersten Morgen ein lauter Rums alle aufschrecken lässt: Ein Teilnehmer ist eben mal umgefallen, mit dem Kopf aufs Parkett. Wie soll man danach wieder an nichts denken? Eben.

Zen Übung im Benediktushof

Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister und so erklingt die dunkle Stimme unseres Lehrers: Man möge sich bitte immer wieder auf den Atem konzentrieren, die Gedanken einfach nur und ohne zu werten beobachten wie Wolken, die am Himmel vorbeiziehen. In meinem Hirn ist schnell Gewitter angesagt und ich komme nicht umhin mich zu fragen, was denn am Denken eigentlich so schlimm ist. Als Geisteswissenschaftlerin ist das ja quasi mein Hauptjob. Ich denke – und habe normalerweise Spaß daran. Ja, mit dieser Leere und dem Leerwerden tue ich mir schwer und merke vor allem eines: In der Stille wird das Innere so laut, so schreiend laut.

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Das thematisiert auch der Zen-Meister. Haltet es mit euch selbst aus, spürt euer Herz, euren Herzgeist, fragt euch, wer ihr seid, sagt er und blickt in die Runde, während seine Worte lange nachhallen. Und dann geschieht doch etwas in mir: Genau dreimal komme ich während meiner Zeit auf dem Benediktushof in einen geistigen Zustand, der besonders ist. Tief, ruhig, intensiv.

Zen-Klosteralltag

Zwischendurch rezitieren wir Texte, die, obwohl fernöstlich, im Kollektiv gesprochen genauso tröge wie das genuschelte Vaterunser in der Kirche klingen. Überhaupt: So eine katholische Messe kommt mir auf einmal erstaunlich pfiffig vor im Vergleich zu einem Zen-Klostertag. Zu dem gehört übrigens auch Putzen und am Ende das eigene Zimmer Reinigen. Clever: Personal Sparen heißt hier einfach Achtsamkeitsübung (während der Arbeit soll man unbedingt präsent sein – ob mir das daheim beim Bügeln auch gelingt?).

Die Rebellin in mir

Ich spüre, wie die kleine Rebellin in mir laut wird. Vor allem, als ich das Bad putze und merke, dass die Gäste vor mir wohl alles andere als achtsam dabei waren. Nun gut, aber das Ende naht, ein Lichtblick ist also in Sicht und nervlich und körperlich quasi am Ende gebe ich meinen Schlüssel zurück. Wohin aber jetzt mit den Wertgegenständen? Die soll ich einfach „da“ stehen lassen – die Rezeptionistin zeigt auf einen Gepäckhaufen.

Meine Tasche unter dem Arm haltend wird mir dabei etwas mulmig. Meine Jeff Koons unbeaufsichtigt lassen? Nö. Nö. No way. Zum letzten Mal gehe ich in das Zendo, die Meditationshalle, in der alles penibel sauber und geordnet gehalten werden muss und auf gar keinen Fall persönliche Dinge hineingetragen werden dürfen. Ich konzentriere mich auf meinen Atme. Hole tief Luft. Marschiere rein und parke meine Tasche in der Ecke. Wunderschön steht sie da. Titians Mars, Venus und Cupido strahlen mir entgegen. Sie ist so gar nicht Zen, im Gegenteil. Sie ist ein Hingucker, auffallend, ein Blickfang. Und genau deswegen liebe ich sie so.

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Text: Dr. Daniela Otto

Aufmacherfoto: Chris Ensey/unsplash

Fotos:Michael Liao/unsplash, Manja Benic/unsplash

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